Kulturagentinnen und Kulturagenten Schweiz

Wo schwimmst du am liebsten?

In Bergseen. Und in Inspirationsquellen.

Wann fühlst du dich inspiriert?

Im Tun, im Ausprobieren und im Beobachten, was dabei passiert. Und im Austausch mit anderen Menschen. Gerade die Zusammenarbeit mit Kindern inspiriert mich sehr. Ihre Perspektive bringt mich immer wieder in den Moment zurück und kann manchmal ein Input sein, Kunst anders zu sehen und zu erleben. 

Auf was freust du dich in der Zusammenarbeit mit den Schulen am meisten?

Ich freue mich auf den Einblick, den ich in der Rolle als Kulturagentin in den Mikrokosmos einer Schule bekomme. Am meisten freue ich mich auf das Menschenkennenlernen, das Geschichtenkennenlernen und auf das gemeinsame Überlegen, wie man an diesem Ort durch kulturelle Projekte Prozesse in Bewegung setzt. 

An welchem Ort warst du während deiner Schulzeit am liebsten?

Im Gymi gab es ein Schulzimmer mit einem alten Mosaikboden und Säulen. Wir hatten da Matheunterricht, was nicht mein Lieblingsfach war, aber ich war extrem gerne in diesem Raum. Ah und dann die Studienreisen, die uns jedes Jahr irgendwo nach Italien führten; zu den Äolischen Inseln zum Beispiel. Eine neue Kultur, andere Gerüche, der ausbrechende Stromboli, Feuer, Wasser, Erde und ein Kunstprojekt mit Bezug zum Ort. Räume, in denen nicht die Leistung im Vordergrund war, sondern das Zusammensein und das gemeinsame Entdecken; das waren für mich wichtige Orte während der Schulzeit. 

Was führt dich zu den Kulturagent.innen?

Ich habe Kunstgeschichte und Kommunikationswissenschaften studiert und suchte bereits während dem Studium nach Schnittstellen dieser beiden Themenbereiche. Danach arbeitete ich in unterschiedlichen Richtungen. Ich habe zunächst Ausstellungen und Festivals mitorganisiert. Durch Stellvertretungen an Schulen und das Entwickeln und Leiten von Workshops am Kunsthaus Biel, habe ich gemerkt, dass mich diese Position im Dazwischen interessiert. Also zum Beispiel, eine Ausstellung und das Anliegen der Künstler*innen zunächst für mich zu verstehen, meine eigene Dimension reinzubringen und dabei in eine Sprache zu übersetzen, die für ein Publikum Zugänge schafft. Das Zusammenbringen von verschiedenen Polen und Menschen war glaub schon immer mein Ding. Darum fand ich auch die Bezeichnung Kulturagentin interessant, weil du gehst als Agentin an einen Ort, um ihn zu inspizieren und danach übersetzt du’s für die andere Position.

Apropos Übersetzen, wie viele Sprachen sprichst du eigentlich?

Also Deutsch bzw. Schweizerdeutsch, Italienisch, Französisch, Englisch und aufgewachsen bin ich mit Pus’ciavin, das ist ein Dialekt, den man im Puschlav spricht und das war auch die Ausgangslage, wie ich danach auf andere Sprachen gekommen bin. Ich war im Liceo Artistico, einem schweizerisch-italienischen Kunstgymnasium und zog später nach Fribourg, weil ich zweisprachig studieren wollte. Jetzt wohne ich seit 7 Jahren auf und im Röstigraben und springe in meinem Alltag zwischen Deutsch, Französisch und auch Italienisch hin und her und übersetze in meinem Kopf. Jede Sprache bringt ja eine eigene Kultur mit sich; einen eigenen Humor, eigene Ästhetiken und die Art, wie man miteinander spricht. Wenn ich etwas Wort für Wort in eine andere Sprache übersetze, wirkt es manchmal zu direkt, zu wütend, oder blumig – man muss es anpassen, damit es beim Gegenüber richtig ankommt –– es funktioniert zwar nicht immer (lacht), aber eigentlich bin ich auch da ständig am Vermitteln. 

… und im Dazwischen…

Ja, sowohl sprachlich, als auch beruflich – oder vielleicht so wie auf einem Grat, denn es fühlt sich manchmal auch an, wie ein Balanceakt, aber ich denke, dass vieles entstehen kann, wenn sich Disziplinen treffen und verschiedene Denk- und Arbeitsweisen vermischen.

Und wo bist du, wenn du nicht arbeitest?

Am Flohmarkt, an Konzerten, auf dem Sofa… Und sehr oft in den Bergen beim Klettern am Fels. Dort bekomme ich wieder die Übersicht, wenn es mir im Dazwischen zu eng wird. (lacht) Dann zoome ich raus und sehe die Welt von oben. Durchschnaufen, Distanznehmen, ins Seilhängen und weitermachen. 

Interview: Sarah Freiermuth