Kulturagentinnen und Kulturagenten Schweiz

Konstruktion von Identität durch Sprache

Die Hip-Hop-Kultur ist derzeit die größte und wichtigste Jugendkultur. Auf Wunsch der Schüler.innen des SSZ Remisberg sollte für den Remistalk ein.e Rapper.in eingeladen werden.

Eine Herausforderung, denn ich höre keinen Rap. Diese Musikrichtung hat mich noch nie interessiert. Die Debatte um das Genre Ganster-Rap ist mir natürlich ein Begriff, aber eben aus der «sicheren» Ferne, persönlich mag ich keine Musik mit Texten bei denen Gewalt, die Abwertung von Frauen, Homophobie und Besitzverherrlichung konstitutive Element sind. Auch nicht als Rebellion, als Gesellschaftskritik oder weil ich harte Beats mag.

Rapper.innen missachten in ihren Vortrag bewusst Regeln und überschreiten Grenzen, weil sie gegen die etablierte Gesellschaft und gegen politische Korrektheit rebellieren. Eine Widerständigkeit in der sich viele Jugendliche wiederfinden. Für sie erzählen Rap-Songs von unserer Gesellschaft nicht wie sie sein soll, wie sie gewünscht wird, sondern wie sie ist: Besitzorientiert, erfolgsgeil, sexistisch, homophob, gewalttätig, antisemitisch. Oft werden Songs aus persönlicher Sicht geschrieben, viele Rapper.innen kennen Ausgrenzungen aus ihren eigenen Lebenswelten. Sie nutzen ihre Geschichte als eine Kritik an den strukturellen Mechanismen von Unterdrückung. Üben diese aber öfters, das möchte ich anmerken, verbal auf einer anderen Ebenen aus!

Nach meiner Recherche zur Thematik des Rap schliesse mich der Meinung an, dass die Hip-Hop-Kultur als Subkultur sicherlich nicht sexistischer ist als die Gesamtgesellschaft, sie verbalisiert nur direkter. Vielleicht habe ich gerade deswegen Mühe eine.n Künstler.in einzuladen der.die «herkömmlichen Rapper.innen-Klischees» vertritt. Aber als Auftakt eine Künstler.in vorzustellen, der.die sich emanzipatorisch mit der Subkultur auseinandersetzt, finde ich auch nicht richtig. Der Schritt zur möglichen Reflexion über die Aussagen in den Rap-Texten, soll über einen Diskurs entstehen, den ich mit einer direkt von Anfang an gesetzten Zensurschere nicht unterbinden will. Wichtig ist mir zu vermitteln, dass Rap auch als ein Prozess zu verstehen ist, der Identität durch Sprache stiftet und sich immer irgendwann die Frage nach der Konstruktion von Identität durch Sprache stellt.

Wo kann und muss da eine Sensibilisierung einsetzen? Sie kann meiner Meinung nach nicht über ein Verbot stattfinden, aber vielleicht durch Fragestellungen. Die Frage nach Menschenbildern, nach Rollenverhalten, nach eigenen Grenzen. Nicht die Frage nach darf so ein Text in der Schule entstehen, aber gibt es etwas, dass du in deinem Rap-Song nie sagen würdest. Wieso ist es in Ordnung manche Bilder zu reproduzieren und anderen nicht und was bedeutet es für unseren Umgang miteinander?